Einblick in die schwäbische Kochkunst

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Was macht die schwäbische Küche aus?

Zunächst einmal weist die schwäbische Küche ebenso viele unterschiedliche, regionale Färbungen auf, wie der schwäbische Dialekt. Es ist gut, sich dessen bewusst zu sein, wenn von "der schwäbischen Küche" gesprochen wird. So taucht manches Gericht unter verschiedenen Namen auf und auch die Rezepte variieren.

Häufig wird berichtet, die schwäbische Küche sei im Grunde ein gut gekochtes Arme-Leute-Essen. Das ist nicht falsch, trifft aber nur auf einen Teil der vielfältigen Speisen zu. Denn zur schwäbischen Küche gehören neben sehr einfachen auch sogenannte "Festtagsgerichte", für die das Beste gerade gut genug ist oder welche, die auf üppiger vorhandenen, lokalen Erzeugnissen beruhen.

Egal, wohin man in Schwaben kommt: In den Küchen entstehen mit Liebe und Raffinesse oft wahre Delikatessen, denen meist ein herrlicher Duft vorauseilt. Wir meinen, sie sind der beste Beweis dafür, dass die Schwaben nicht nur fleißig und sparsam sind, sondern auch genussfreudig, gastfreundlich und gesellig.


Die schwäbische Küche ist, was das Land hervorbringt

Die unterschiedlichen, schwäbischen Landschaften bestimmen die Vielfalt ihrer Küche. Es gibt karge Gegenden, wie die schwäbische Alb, wo Einfallreichtum gefragt war, um das Beste aus dem Wenigen zu machen, was der Boden hergab. Die üppigen Weiden im Allgäu brachten schon immer reichhaltige Lebensmittel, wie Fleisch und vor allem Käse hervor. Während der Schwarzwald mit seinen vielen Gewässern zahlreiche Fischgerichte und Räucherwaren beitrug. Auch Wildgerichte stammen aus den waldreichen Höhen. Alles zusammen macht die schwäbische Küche aus.

Die Bedeutung hochwertiger, regional erzeugter Lebensmittel hat in den schwäbisch sprechenden Regionen traditionell einen hohen Stellenwert, der in den letzten Jahren sogar neuen Aufschwung erhielt.

Zwar gibt es "Brezeln", "Maultaschen" und "Schupfnudeln" inzwischen bundesweit, doch die reiselustigen Schwaben stellen immer wieder fest: So wie Zuhause schmecken sie einfach nicht. Das liegt zum einen an den Zutaten zum anderen an der handwerklichen Fertigung.

Fein ausgemahlenes Mehl ergibt beispielsweise keinen guten Nudelteig. So schwören viele Schwaben auf "Dunst", ein griffiges Mehl, dessen Mahlgrad zwischen Mehl und Grieß liegt. Daraus entsteht ein sehr elastischer Teig, der für "Krautwickel" oder "Maultaschen" hauchdünn ausgerollt werden kann. Dunst ist kaum in einem Supermarkt zu finden und fällt selbst von Mühle zu Mühle unterschiedlich aus. Auch Zutaten, wie etwa Kutteln für "Saure Kuttle", werden in anderen Regionen kaum angeboten.


Der Faktor Zeit in der schwäbischen Küche

In Schwaben heißt es oft: "No net huddle", was man mit "nur keine Hektik" übersetzen oder durch "gut Ding will Weile haben" ersetzen könnte. Diese Haltung ist für viele schwäbischen Gerichte bedeutsam.

In schwäbischen Rezepten finden sich oft lange Ruhephasen zur Reifung oder Teigentwicklung, für die in einer industriellen Fertigung kein Platz und keine Zeit ist. Das macht sich beispielsweise in den vielen Hefeteig-Rezepten der schwäbischen Küche bemerkbar. Im Ländle wird mit sehr kleinen Mengen an Hefe und viel Zeit ein hervorragendes Hefegebäck erzeugt, das luftig und überhaupt nicht trocken ist.

Für "Dinnete", eine Art schwäbischer Flammkuchen, muss der Teig entspannt sein und selbst der alltägliche Spätzleteig will wenigstens eine Stunde ruhen, sonst ist er zäh, schwer zu verarbeiten und die Spätzle werden zu dick und zu fest.

Was Zeit in der schwäbischen Küche bedeutet, weiß jeder, der einmal selbst "Schupfnudeln" oder "Maultaschen" gemacht hat. Diese Gerichte sind aufwendig, wenn sie frisch hergestellt werden, aber im besten Fall ein unvergesslicher Genuss.

Für ein gutes Essen werden in Schwaben immer gerne ein paar Minuten mehr aufgewendet. Da werden Zwiebeln karamellisiert oder es wird Butter mit Weckmehl (Semmelbröseln) und einem Hauch Muskat gebräunt. Das duftet herrlich und solche Details machen aus Spätzle oder einem Blumenkohl ein Fest.


Die schwäbische Küche ist eine saisonale und nachhaltige Küche

Die traditionelle, schwäbische Küche ist ein Paradebeispiel für eine saisonale und regionale Küche. So gibt es "Bärlauchknöpfle" im Frühjahr, wenn der Bärlauch sprießt und "Schupfnudeln" nicht im Sommer. Sie gelingen einfach nicht mit neuen Kartoffeln. Auch werden im Frühjahr gern regionale Erdbeeren und natürlich Spargel verarbeitet.

Schwere, deftigere Gerichte gehören ohnehin eher zur kalten Jahreszeit, wie "Schupfnudeln mit Sauerkraut", "Schäufele" oder "Schlachtplatte". "Zwiebel- und Lauchkuchen" gehören zur Erntezeit im Spätsommer und Herbst. "Laubfröschle" (gefüllte Spinatwickel) haben eine lange Saison, nämlich so lange Spinat im Garten zu ernten ist. Während der luftige Johannisbeerkuchen eine kurze Zeit im Frühsommer brilliert, genau wie "Kräuterflädle" mit Spargel. Im Sommer finden wir auf der Speisekarte häufiger "Wurst- oder Ochsenmaulsalat" oder auch mal eine geräucherte Forelle mit Kartoffelsalat.

Reste sind in der schwäbischen Küche kein Problem, sondern in den meisten Fällen beabsichtigt. Sie sind die Basis für das Gericht des nächsten Tages. So wird aus den Kartoffeln und Spätzle des Vortags ein "Gaisburger Marsch". Aus alten Brötchen und schrumpelnden Äpfeln entsteht ein köstlicher "Ofenschlupfer" und die restlichen Flädle (Pfannkuchen) ergeben eine "Flädlesupp". Überhaupt haben die Schwaben gerne was im Kühlschrank, das im Zweifel einem unerwarteten Gast vorgesetzt werden kann. Ein schwäbisches "Vesper", ein Stück "Zwiebelkuchen" oder ein Kartoffelsalat mit einer "Roten" (Wurst) sind immer schnell aufgetischt.


Schwäbische Küche - das geht auch leicht und modern

Auch, weil die schwäbische Küche nicht von Fleischgerichten dominiert wird, ist es ein Leichtes, schwäbische Küche ganz zeitgemäß zu kochen. Viele renommierte Köchinnen und Köche gehen haben großen Erfolg mit eigenen Interpretationen der traditionellen Rezepte oder ihren schwäbisch inspirierten Kreationen.

"Maultaschen" mit einem dünnen Teigmantel und einer Füllung aus Spinat, gerösteten Zwiebeln und Walnüssen sowie etwas geriebenem Bergkäse sind köstlich - dazu eine große Portion Salat und schon wird eine Variante serviert, bei der kaum jemand die traditionelle Fleisch-Spinat-Füllung vermisst.

"Laubfröschle" mit Forellenfüllung sind ein federleichtes Gericht - vielleicht mit etwas schwäbischem Kartoffelsalat vom Vortag. Dann ist er besonders empfehlenswert, da er mit wenig Öl angemacht wird und nach dem Erkalten langkettige (gute) Kohlenhydrate ausbildet. Selbst "Linsen mit Spätzle" lassen sich als Light-Version zubereiten, wenn es mehr Linsen als Spätzle sind und eventuell auf Wurst und Speck verzichtet wird.

Und wenn Sie mal nicht verzichten möchten, dann genießen Sie ein deftiges, schwäbisches Gericht mit allem Drum und Dran - vielleicht nach einer Wanderung - ohne Reue und in vollen Zügen.


Wir sind überzeugt: Die schwäbische Küche ist vor allem das, was Sie daraus machen. Sie lädt zum gemeinsamen Kochen und experimentieren mit allen Sinnen ein. Lassen Sie es sich schmecken!